
Indoor Air Quality and Learning: Evidence from A Large Field Study in Primary Schools
Luftqualität in Klassenzimmern und Lernen: Erkenntnisse aus einer groß angelegten Feldstudie an Grundschulen
Die physischen Lernbedingungen in Schulen – insbesondere die Qualität der Raumluft – spielen eine entscheidende Rolle für die kognitive Leistungsfähigkeit von Schülerinnen. Dies wurde kürzlich durch eine umfassende Feldstudie in den Niederlanden bestätigt, die den Zusammenhang zwischen der Luftqualität in Klassenzimmern und den schulischen Leistungen von Grundschulkindern untersuchte.
Die Studie, die zwischen 2018 und 2020 durchgeführt wurde, umfasste 216 Klassenzimmer in 27 Grundschulen und bezog 5.500 Schülerinnen im Alter von 5 bis 13 Jahren ein. Mithilfe eines engmaschigen Netzwerks von Sensoren wurden kontinuierlich Daten zu CO₂-Konzentration, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Lärmpegel und Lichtintensität in den Klassenräumen erfasst.
Die Ergebnisse liefern nicht nur wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch bedeutende Impulse für die Bildungspolitik – insbesondere im Hinblick auf Investitionen in die schulische Infrastruktur.
Die Auswirkungen schlechter Luftqualität auf die Lernleistung
Die zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass eine schlechte Luftqualität – gemessen anhand erhöhter CO₂-Konzentrationen – signifikant negative Auswirkungen auf die schulischen Leistungen von Schülerinnen hat. CO₂ gilt als gängiger Indikator für die Qualität der Belüftung. Wenn ein Klassenzimmer unzureichend belüftet wird, steigt die CO₂-Konzentration, was die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Der Grund: Eine erhöhte CO₂-Konzentration senkt den Sauerstoffgehalt im Raum – und das wirkt sich unmittelbar auf die Funktion des Gehirns aus.
Die Studie zeigte, dass ein Anstieg der CO₂-Konzentration um eine Standardabweichung während eines Schulhalbjahres zu einem Rückgang der Testergebnisse um 0,11 Standardabweichungen führte. Dieser Leistungsabfall war in allen Fächern messbar, besonders deutlich jedoch in Mathematik, wo der Rückgang 0,21 Standardabweichungen betrug. Dies unterstreicht, wie entscheidend gute Luftqualität nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für den schulischen Erfolg ist.
Besonders betroffen waren Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren – was darauf hindeutet, dass ältere Grundschülerinnen empfindlicher auf schlechte Belüftung reagieren, vermutlich weil ihre Konzentrations- und Lernfähigkeit stärker durch Umweltfaktoren wie Luftqualität beeinflusst wird. Bei jüngeren Kindern war der Effekt zwar schwächer ausgeprägt, dennoch ließ sich auch hier ein negativer Zusammenhang zwischen hohen CO₂-Werten und schlechteren Leistungen feststellen.
Methodik und Forschungsstrategie
Die Forscherinnen setzten eine fortschrittliche Methodologie ein, die es ihnen ermöglichte, variationsspezifische Effekte innerhalb einzelner Schülerinnen und Schulhalbjahre zu analysieren – sowohl in Bezug auf Luftqualität als auch auf Lernleistungen. Durch die tägliche Erfassung der CO₂-Konzentrationen und deren Verknüpfung mit den Testergebnissen konnten äußerst detaillierte Daten über den Zusammenhang zwischen Luftqualität und schulischer Leistung gewonnen werden.
Insgesamt wurden über 37.000 Testergebnisse gesammelt. Jede Schülerin und jeder Schüler absolvierte im Durchschnitt sieben standardisierte Tests in Fächern wie Mathematik, Rechtschreibung, Lesen und Wortschatz. Die Tests wurden zweimal pro Schuljahr durchgeführt und vom nationalen Prüfungsinstitut entwickelt, was die Objektivität und Zuverlässigkeit der Daten gewährleistete.
Durch den Einsatz eines sogenannten Fixed-Effects-Modells konnten die Forscherinnen den Einfluss anderer Faktoren kontrollieren – etwa von individuellen Merkmalen wie Alter und Geschlecht sowie schulischen Rahmenbedingungen wie Klassengröße oder der Beschaffenheit der Schulgebäude. Dadurch stellten die Ergebnisse ausschließlich den Effekt der CO₂-Konzentration auf die Lernleistung dar – unbeeinflusst von anderen Störvariablen.
Robustheit und Validität der Ergebnisse
Einer der größten Stärken dieser Studie liegt in der Robustheit ihrer Ergebnisse. Die Forschenden nutzten Luftqualitätsveränderungen, die außerhalb der Kontrolle von Lehrkräften oder Schülerinnen lagen – beispielsweise Störungen in mechanischen Lüftungssystemen (HVAC). An Tagen, an denen diese Systeme nicht ordnungsgemäß funktionierten, kam es zu einem deutlichen Anstieg der CO₂-Konzentration. Diese Schwankungen wurden als zufällige und unvermeidbare Variationen der Luftqualität gewertet.
Anhand dieser natürlichen Störungen wurde geprüft, ob sich die Auswirkungen auf die Lernleistungen auch unter diesen Bedingungen zeigten. Die Ergebnisse bestätigten dies: Der negative Einfluss hoher CO₂-Werte auf die schulischen Leistungen verstärkte sich bei längerer Exposition – und dieser Effekt blieb über mehrere Schuljahre hinweg konsistent.
Die Robustheit der Befunde wurde zusätzlich durch Vergleiche mit anderen Klassenzimmern innerhalb derselben Schule gestützt. Wenn die Luftqualität in einem bestimmten Klassenraum vorübergehend schlecht war, die Bedingungen in den anderen Räumen jedoch gleich blieben, zeigte sich ein signifikanter Leistungsabfall nur bei den betroffenen Schülerinnen. Dies deutet klar auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Luftqualität im Klassenzimmer und den akademischen Ergebnissen hin.
Politische Implikationen und Empfehlungen
Die Ergebnisse dieser Studie haben weitreichende politische Implikationen für Schulen und Bildungseinrichtungen. Der nachgewiesene Einfluss der Luftqualität auf die Lernleistung unterstreicht die Notwendigkeit von Investitionen in bessere Belüftungssysteme – insbesondere angesichts der Tatsache, dass Kinder durchschnittlich acht Stunden pro Tag in Schulgebäuden verbringen.
Schulen, die in die Modernisierung von HVAC-Systemen (Heizung, Lüftung, Klimatisierung) oder andere Belüftungsinfrastrukturen investieren, leisten damit nicht nur einen Beitrag zur Gesundheit der Schülerinnen, sondern können auch deren Lernerfolg nachhaltig verbessern.
In den Niederlanden ist bereits seit einiger Zeit anerkannt, dass die Luftqualität in Schulen ein wesentlicher Faktor für die Gesundheit der Kinder ist. Die Regierung hat in den vergangenen Jahren verschiedene Programme zur Verbesserung der Luftqualität in Bildungseinrichtungen aufgelegt. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass diese Maßnahmen nicht nur aus gesundheitlicher Sicht notwendig sind, sondern auch eine entscheidende Rolle für die schulischen Leistungen der Kinder spielen.
Fazit
Diese Studie liefert überzeugende Belege dafür, dass die Luftqualität in Klassenzimmern einen direkten Einfluss auf die kognitiven Leistungen von Kindern hat. Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer gesunden Lernumgebung und unterstreichen die Bedeutung von Investitionen in die schulische Infrastruktur – insbesondere vor dem Hintergrund eines wachsenden Bewusstseins für Gesundheit in Gebäuden, wie es die jüngste COVID-19-Pandemie deutlich gemacht hat.
Sowohl für die Gesundheit als auch für den Lernerfolg von Schülerinnen ist es entscheidend, dass Schulen eine gute Raumluftqualität durch angemessene Lüftungs- und Luftaufbereitungssysteme sicherstellen.
Diese Erkenntnisse bieten eine fundierte Grundlage, um ein breites Spektrum an Akteurinnen – von politischen Entscheidungsträgern über Bildungseinrichtungen bis hin zu Eltern – dazu zu motivieren, konkrete Maßnahmen zu ergreifen und in gesündere Lernumgebungen für kommende Generationen zu investieren.
Palacios, J., Duran, N., Kok, N., & Eichholtz, P. (2022). Indoor Air Quality and Learning: Evidence from A Large Field Study in Primary Schools. MIT Center for Real Estate Research.